Wohnen ist zu teuer

Kreislauf von Bodenpreissteigerungen und Spekulationsverkäufen durchbrechen

Im Herbst 2019 haben wir, B90/DIE GRÜNEN, einen Antrag in die Gemeindevertretung eingebracht, der leider, wie wir schon befürchteten, von allen Mitgliedern der anderen Fraktionen und damit von der Mehrheit abgelehnt wurde.

Warum ging es?

Ammersbek hat in der Vergangenheit viel Grund und Boden verkauft, bebauten und unbebauten. Heute stehen daher kaum mehr Flächen für Wohnungsbau zur Verfügung. Die Grundstücke in Bünningstedt für die neue Feuerwache und die neue Schule hat die Gemeinde deshalb kaufen müssen. Auch Flächen für Ausgleichsmaßnahmen, wie sie bei Bebauung vorher unbebauter Grundstücke vorge­schrieben sind, fehlen. 2022 hatte Ammersbek dafür auf Vorrat eine landwirtschaft­liche Fläche teuer erworben.

In der Metropolregion ist Wohnen inzwischen so teuer, dass es oft die Hälfte der Lebenshaltungs­kosten verschlingt. Dies liegt zum einen daran, dass in den letzten Jahren vor allem teure Wohnungen gebaut wurden und viele Wohnungen aus der Sozialbindung fielen. Zum anderen ist es eine Folge der Bodenspekulationen. Allein von 2016 bis 2018 stiegen die Grundstückspreise für Einfamilien- und Doppel­­häuser in Ammersbek um etwa 15 Prozent, die Bodenrichtwerte für Bauerwartungsland um 19 Prozent (Bünningstedt) bis 30 Prozent (Lottbek).

Allein der Erwerb eines Grundstücks schlägt daher schon so hoch zu Buche, dass viele für Sanierung eines Bestandsgebäude oder für Neubau kein Geld mehr haben. Hinzu kommt die enorme Preissteigerung im Baugewerbe. 2022 vermeldete das Statistische Bundesamt gegenüber dem Vorjahr einen Preisanstieg beim Neubau von Wohngebäuden um 16,4 Prozent. Bei neuen Mehrfamilienhäuser führt dies zu immer hochpreisigeren Wohnungen oder Mieten.

Was kann dagegen getan werden?

Einige Städte und Gemeinden wenden das Erbbaurecht an, um die Anschaffungskosten für das Grund­stück aus diesen Summen herauszunehmen. Auch unser Antrag zielte darauf, gemeindeeigene Grund­stücke nur noch im Erbbaurecht zu vergeben. Dies senkt Kosten für Bau- oder Sanierungswillige und sichert auch das gemeindliche „Tafelsilber“. Der Gewinn durch Bodenpreissteigerungen verbleibt bei der Gemeinde statt bei Investoren, die durch Weiterverkäufe die Bodenpreise noch mehr in die Höhe treiben.


Erbbaurecht (selbst)verständlich

Boden und Bau werden finanziell getrennt betrachtet. Eigentümer ist der Erbaurechtgeber (z.B. Gemeinde Ammersbek), eine bspw. Häuslebauerfamilie ist der Erbbaurechtnehmer.

Der Erbbaurechtsvertrag übereignet der Häuslebauerfamilie das Grundstück für einen vertraglich festgesetzten Zeitraum, oft 99 Jahre. Dafür zahlt sie einen jährlichen Erbbaurechtszins, der auf dem Bodenwert fußend ausgehandelt wird (meist 3 bis 6,5 % jährlich) und per Anpassungsvereinbarung an Preissteigerungen angepasst wird.

Das Erbbaurecht wird im Grundbuch eingetragen und kann beliehen werden, z.B. für Sanierung des Gebäudebestands oder für Neubau. Es kann auch vererbt oder verkauft werden. Im Vertrag können Art der Nutzung des Grundstücks festgeschrieben werden, z.B. für ein Mehrgenerationenhaus, Mehrfamilienhausbebauung mit Sozialwohnungsanteil u.v.m.

Am Ende des vertraglich vereinbarten Zeitraums ("Heimfall") zahlt der Erbbaurechtgeber den -nehmer aus, entsprechend dem Wert des auf dem Grundstück stehenden Gebäudes. Auch ein Verkauf des Grundstücks an den Erbbaurechtnehmer ist möglich.


Warum wurde unser Antrag von den anderen Fraktionen abgelehnt?

Es geht um die Refinanzierung der neuen Schule in Bünningstedt. Von Anfang an schwebte den anderen Parteien und dem Bürgermeister vor, die alte Schule und Sporthalle abzureißen und das gesamte Grundstück für Einfamilienhausbebauung zu verkaufen. Aber da der Schulbau nicht unter dem SPD-Deckel von 5 Millionen geblieben ist, sondern mindestens 13 Millionen kosten wird[1], ist der Schuldendruck groß.

2022 war betrug die Verschuldung Ammersbeks 2,1 Millionen Euro, deshalb hoffen die anderen Parteien auf Einnahmen durch Grundstücksverkäufe.  Keine Option sind für sie die langfristige Handlungsfähigkeit der Gemeinde durch Erbbaurecht und eine verlässliche, jährliche Einnahme durch die Erbbauzinsen.

Wir bleiben am Ball

Wir sind immer noch davon überzeugt, dass es viel solider wäre, kommunale Grundstücke nicht zu verscherbeln, weder an Investoren, die ihre Bauwünsche durchsetzen, noch an Spekulanten, die die Preise in die Höhe treiben. Würde die Gemeinde die Grundstücke selbst bebauen, hätte sie mehr Gestaltungsmöglichkeiten, auch für kleine Mehrfamilienhäuser mit weniger teuren Wohnungen und weniger Flächenverbrauch. Sie könnte die Häuser darauf auch verkaufen, die Grundstücke aber im Erbbaurecht vergeben. Sogar für ein ganz anderes Modell, nachhaltig und mit wenig Flächenverbrauch haben wir auch schon eine Vision.

Die Kirche arbeitet fast ausschließlich mit Erbbaurecht und Hamburg hat 2021 verkündet, in Zukunft vermehrt das Erbbaurecht einzusetzen. Es gibt sogar Stiftungen, wie die Edith Maryon Stiftung, die Grundstücke aufkauft, wenn Gemeinden sich das nicht leisten können, und sie selbst im Erbbaurecht vergibt. Das wäre auch eine Lösung, aber auch dafür bräuchten wir mehr Zustimmung oder mehr Grüne im Gemeinderat.


[1] Im Herbst 2021 wurden die Investitionskosten mit 8,6 Millionen Euro beziffert (Vorl. 0397/X), ein Jahr später waren sie auf 12,9 Millionen Euro gestiegen (Vorlage 0495/10)

 



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